Mein Warum
Ich lebe ohne Kühlschrank und ohne Gefriertruhe. Das finden manche Leute zu meiner Verwunderung aufregend. In meiner Wohnung ist es sehr warm. Dass ich meinen Kühlschrank dauerhaft abgeschaltet habe ist mir sozusagen „passiert“, es war nicht Absicht, obwohl ich sehr auf Umweltschutz achte und in der Schulzeit schon versucht habe, Wäsche ohne Strom zu waschen, alle Glühbirnen zu Energiesparlampen ausgewechselt und vegetarisch gelebt.
Ich hatte selten mehr im Kühlschrank als Alsana und gefrorene Erbsen und fand irgendwann, das ist einfach nicht akzeptabel.
In durchschnittlichen Haushalten macht der Kühlschrank übrigens die Hälfte der Stromrechnung aus. Kühlschränke sind ganz große Stromfresser.
Seit ich ohne KS lebe, schmeiße ich viel weniger weg als vorher. Ich muss beim Einkaufen nachdenken, was ich esse, dann bleibt wenig übrig. Bei Dingen die nicht haltbar sind, bin ich streng zu mir beim Einkauf.
Kühlschränke wurden übrigens verbreitet, um kalte Getränke zu haben und Lebensmittel von Fabriken in Mengen zu lagern, die nicht aufessbar waren (wir reden hier von ganzen Tierkörpern). Die ursprüngliche Verbreitung war also eine ganz anders motivierte als unsere heutige.
WIE BITTE??!
Eigentlich ist alles was zu sagenist: Kauf an verderblichem nur ein, was du bald isst.
Also kauf haltbares.
Kauf was du aufessen wirst, bevor es kaputt wird.
Das war eigentlich, was man wissen muss. Viel mehr muss man nicht wissen. Für größere Haushalte ist es viel einfacher als für mich als Single.
Und offen gesagt: Fast alle von uns gehen jeden zweiten Tag in den Supermarkt oder sonst wohin einkaufen. Früher ging fast niemand öfter als einmal die Woche Lebensmittel einkaufen, und niemand hatte einen Kühlschrank.
Es hält sich fast alles zwei Tage ohne Kühlschrank, auch Fleisch, Wurst, Käse, Tofu, Joghurt, Pflanzenmilch, Milch und Milchprodukte. Ich mache aus sauer gewordener Pflanzenmilch Smoothies mit Zitrone, einem Apfel oder einer Orange und ich liebe es. Wenn ich merke, es dauert nicht mehr lange, dann mache ich mir oft vorher noch schnell einen Kakao. Ungeschnittener, also im Stück gekaufter Käse hält sich viel länger als aufgeschnittener.
Geselchtes und sogenannte Stangenwurst hält sich auch viel länger. Und wenn du eine halbe Melone oder Kürbis kaufst, ist da nach vier Tagen ohnehin kein Vitamin mehr drinnen.
Tofu hält sich in Wasser gelegt mindestens zwei Tage.
Was sowieso nicht in den Kühlschrank gehört
Grob gesagt Eier, alles Obst und Gemüse und Wurzelgemüse gehört nicht in den Kühlschrank und hält außerhalb länger als drinnen.
Gar nicht in den Kühlschrank gehören:
Eier, Beeren, Obst (Äpfel, Weintrauben, Bananen….), Wurzelpflanzen (Karotten, Kartoffeln/Erdäpfel, Rüben, Sellerie, ….), Gemüse (Lauch, Fisolen, Schoten…)
Salate und Kraut, Gurken, Eier, Hartkäse, Nussmus (Erdnussbutter, Mandelmus….)
Ungeöffnete Pflanzenmilch und Haltbarmilch, Stangenwurst (nicht aufgeschnitten, im Stück) und Tomaten.
Fenchel, Lauchwurzeln, Mangold und manche Salate halten länger, wenn man sie in der mit Wasser gefüllten Blumenvase lagert. Salatköpfe bevorzugen einen Teller mit Wasser, um frisch zu bleiben, das bringt übrigens viel mehr als ein kühler Ort.
Wurzelgemüse halten monatelang, wenn man sie in Sand legt. Frag deine Oma, oder ältere Verwandte am Land, die kennen das wahrscheinlich noch.
Nimm das einmal alles aus dem KS. Du wirst staunen, wie wenig übrig bleibt.
Butter in einer guten Butterdose aus Keramik oder Porzellan hält mehrere Wochen. Sie schmeckt so gelagert übrigens viel besser.
…und wie genau soll das gehen, bitteschön?!
Nimm erst einmal all das heraus, was in deinem Kühlschrank gar nicht hineingehört (Obst, Gemüse, Kartoffeln, Eier, Zwiebel…) und finde dafür einen anderen, fixen Platz. Viele staunen dann, dass fast nichts mehr im Kühlschrank bleibt und er fast leer ist. Es ist sehr wichtig, dass du für das herausgenommene einen anderen, guten Platz findest, weil du es sonst bald wieder einfach in den Kühlschrank legen wirst.
Kauf für zwei Tage im voraus ein, nicht länger.
Ein Biokisterl zu bestellen kann dir sehr helfen, dich umzustellen, weil darin Lebensmittel sind, die sich lange halten.
Gewöhne dir an, als nächstes das zu essen, das als erstes kaputt werden wird.
Kauf Frisches oder Getrocknetes statt Gefrorenes (Kräuter, Marillen….). Bau Kräuter, Rucola usw. selbst am Fensterbrett oder Balkon an. Es gibt Margarine-Sorten, die sich bei Zimmertemperatur bestens einige Wochen halten. Man kann auf Nussmus umsteigen (Mandelmus, Erdnussbutter…), diese brauchen keine Kühlung.
Aussteigertipps
Fang als erstes damit an, alles aus dem KS zu nehmen, das nicht hineingehört, wie oben beschrieben.. Dann mach damit weiter, das Kühlfach leer zu essen.
Versuch den Kühlschrank im Urlaub leer zu bekommen und ihn abzuschalten. Je nach Inhalt solltest du damit zwei Wochen vorher beginnen. In Gefrorenen Produkten ist übrigens extrem viel Histamin, das für die meisten Menschen ohnehin nicht gesund ist, besonders Allergiker*innen sollten darum einen sehr großen Bogen machen.
In meiner Kindheit war normal, den Kühlschrank auszuschalten, wenn man in Urlaub fuhr (allerdings ist fast niemand auf Urlaub gefahren, aber das ist eine andere Geschichte).
Ersetze die Lebensmittel, die dir weniger wichtig sind zuerst.
Versuche deine Lieblinge nicht gleich ganz zu streichen, sondern mal eine Alternative parallel zu versuchen. Wenn du meinst, du kannst niemals nimmer gar nicht leben ohne aufgeschnittenem Gouda, dann versuch mal einen ungeschnittenen zu kaufen. So hält er einige Tage. Wenn du glaubst es muss immer Toastbrot und Toastkäse für zwei Wochen im Haus sein, dann versuch auf etwas anderes umzusteigen.
Wenn du immer die Hälfte der Milch wegschmeißen musst, weil sie kaputt wird, versuche Saure Milch zu essen oder hänge einen Zettel im Haus auf, ob jemand gern regelmäßig die Hälfte deiner Milch hätte. Kauf kleinere Packungen oder Milchpulver.
TIPPS
Such dir zwei der Tipps aus und versuche sie umzusetzen. Schreib dir in den Kalender, wann du diese Liste hier wieder lesen willst, um vielleicht einen dritten Tipp auszuprobieren.
- MUST: Was schnell verdirbt musst du zuerst essen (Sommersalate oder Champignon)
- Abonniere ein Gemüsekisterl, da sind immer anteilmäßig Sachen dabei, die sich länger halten.
- Äpfel sollen unbedingt abseits von allen anderen Lebensmitteln gelagert werden, da sie den Reifungsprozess von anderen Lebensmitteln beschleunigen.
- Plane nicht deine Einkäufe, plane was du essen wirst!! Halte dich nicht streng daran, wenn etwas zu verderben droht.
- Finde Rezepte, mit denen du verwerten kannst, was übrig bleibt (Gemüsesuppe, Wok, Mischsalat, Semmelknödel, Bowls…)
- Finde einmal heraus, was bei dir am häufigsten kaputt wird und kaufe davon weniger oder kleinere Mengen ein und schau, wie du es verwerten kannst, so wie ich gerne zusätzlichen Kakao trinke, wenn ich Milch übrig habe.
- Finde Ersatz für das was du glaubst unbedingt zu brauchen (siehe Liste unten)
- Bevor du beim Einkaufen zur Kasse gehst, schau nochmal wie viele Deiner Einkäufe verderblich sind. Leg notfalls etwas zurück.
- Trink warmes. Das ist reine Gewohnheit. Es ist übrigens viel gesünder und besonders im Sommer eine Erleichterung. In den heißen Regionen der Welt trinkt kaum jemand Kaltes, wenn es 30 Grad oder mehr hat. Besonders wenn du die Hitze generell nicht gut verträgst, wirst du erstaunt sein, wie viel besser es dir geht, wenn du aufhörst eiskalte Getränke zu trinken. Deinem Körper tun Getränke auf Körpertemperatur dann nämlich am besten, während in eiskalte Drinks anstrengen.
- Lege verderbliches an eine Ecke des Einkaufswagens, damit du leichter den Überblick behältst.
- Kauf wenn du Single bist generell möglichst ohne Einkaufswagen ein. Mehr als du tragen kannst wirst du auch nicht essen.
- Du kannst wahnsinnig viel Geld bei Lebensmitteln sparen, wenn du immer das kaufst, was an Obst und Gemüse gerade saisonal und frisch ist. Das ist dann auch besonders lecker und eher unverpackt erhältlich.
- Kauf Käse oder Wurst ungeschnitten im Stück.
- Iss haltbarere Lebensmittel wie etwa Kartoffeln, Sellerie, Trockenpilze, Getreide oder Äpfel.
- Sehr vieles wie beispielsweise Kräuter kann man frisch am Fensterbrett selbst ganzjährig anbauen (Tomaten, Petersilie, Rucola, Salbei, Petersilie, Pfefferminze, Melisse, Ringelblumen…)
Kühlungs-Alternativen
- Bei ganz vielen Lebensmitteln ist Dunkle Lagerung (schwarzes Stofftsackerl, lichtdichte Verpackung, Abstellkammer ohne Fenster, Keller) genauso hilfreich wie Kälte oder sogar noch effizienter, z.B. bei Kartoffeln/Erdäpfeln).
- in ein fließendes Gewässer stellen, also in einen See, einen Brunnen, eine Tränke mit Fließwasser… auf Bergen und Almen ist das bis heute oft noch so, in meiner Kindheit wurde auch am Land noch viel so gekühlt, wenn man ein Fließgewässer in der Nähe hatte. Eigentlich könnte man diese Methode generell wieder beleben.
- im Winter draußen am Fensterbrett, am Balkon oder auch draußen vor der Haustür
- kalter Keller, den früher alle Häuser hatten
- Erdkeller anlegen
- eine Metallkiste, die man in der Erde vergräbt.
- Wüstenkühlschrank, der mit Wasser kühlt, und die Temperatur um bis zu 25 Grad senkt
Bauanleitung: http://en.howtopedia.org/wiki/How_to_Make_a_Desert_Fridge
Ich habe einen transportablen Mini-Vorführer vom Wüstenkühlschrank und kann gern über meine Erfahrung berichten. Es ist für alle, die gut töpfern können ein leichtes, einen herzustellen.
- Butterdose aus Keramik oder Porzellan für Butter, die sich darin Wochenlang hält.
- Wasserkübel: Pflanzenmilch und Tiermilch halten sich länger in einem Wasserkübel, allerdings muss man sie aus dem Tetrapack in eine luftdichte Glasflasche umfüllen, ich mache das mit Okra und Pflanzenmilch, dazu gebe ich sie in ein Gurkenglas.
Lagerfähig machen kann man Lebensmittel durch Selchen, Fermentieren, Einkochen, Trocknen, in Sand einlegen, in Öl einlegen oder Rösten.
ERSATZLISTE
Butter: Margarine (nicht alle Sorten halten sich ohne Kühlung), Nussmus, Keramikbutterdose.
Joghurt, Fru Fru, Dane plus Sahne: Ohne Kühlung haltbares Sojadessert (Alpro), frisch selbst gemachte Joghurts, Smoothies (z.B. mit Hafer gemischt), Kakao
Milch: Milchpulver, Pflanzenmilch, kleinere Packung kaufen, Haltbarmilch, Pflanzenmilch in gewünschter Menge selbst machen
Wurst, Käsebrot & Toast: Suppe kochen, Getreidefrühstück kochen, Haferkleie, Grieskoch, Aufstriche, Nussmus-Brot, Butterbrot mit Kräuter, Schnittlauch, Giersch; Pasta mit Sugo/Pesto…
Snacks vor dem Fernseher: Chips, Süßigkeiten aller Art, frisches Popcorn, Smoothie, Kartoffeln/Kürbis aus dem Backrohr,
Gefrorene Kräuter: Pesto, Getrocknete Kräuter, Selbstanbau der Kräuter
Kaltgetränke: Kaffee, Tee, frisch gekochter Eistee (Kräuter jeder Art, Zitrone oder Orange hineinpressen, ein Teebeutel Schwarztee). Kaltes trinken zu wollen ist reine Gewohnheit. Der Umstieg ist leichter, wenn man gekochtes Wasser trinkt statt frischem Leitungswasser. Die Chinesen halten gekochtes Wasser übrigens für ein Universalheilmittel, das sogar gegen Liebeskummer hilft.
Weiterführende Literatur: Erika und Renato, Haltbarmach-Almanach. Alternativen zu Tiefkühltruhe & Konservendose. Packpapier Verlag (Grüner Zweig 77)
Neinneinnein! Ich kann nicht ohne Kühlschrank sein?!
Wenn dich das alles nervt, schalte den Kühlschrank einfach ein Grad herunter. Das spart bis zu 8% der Energiekosten. Vielleicht hast du die Möglichkeit, das Gerät an einen kühleren Ort in der Küche oder einen anderen Raum zu stellen – weg von der Sonne und vom Herd? Wenn du statt viermal die Woche nur noch zweimal die Woche Fleisch isst bringt es vermutlich sogar mehr Einsparungen. Ich und die Eisbären werden es Dir danken!
Vielleicht magst du das Ding auch einfach mal abtauen, falls es vereist ist?
© Helga Christina Pregesbauer
danke, ist eine supergute zusammenfassung!
Danke für deinen Kommentar, das freut mich sehr!